Verfasser: Reinhold Böhner, OGV Bindlach
Der Obst- und Gartenbauverein Bindlach wurde Ende des Jahres 1985 als “Verein Frohsinn” gegründet. Die schriftlichen Aufzeichnungen beginnen am 23. Dez. 1895 im Protokollbuch. Als erstes ist eine Ausschusssitzung niedergeschrieben, welche von 10 Personen unterschrieben wurde.

Über eine Gründungsversammlung gibt es keine Aufzeichnungen. In einer späteren Mitgliederliste ist bei ersten Mitgliedern als Eintrittsdatum der 9. Dezember 1895 angegeben. Dieser Tag wird als Gründungstag angenommen.
Bereits am 29. März 1896 wurde der §1 der Statuten geändert: Der Verein werde den Zweck die „Sangeskunst zu üben“ nicht mehr verfolgen, sondern seine Tätigkeit der Obstbaumzucht widmen. Der Name wurde geändert in “OBSTBAUMZUCHTVEREIN FROHSINN”.
Vereinslokal war von Anfang an das “Gasthaus Schultheiß´” in Lehen (Abriss des traditionellen Wirtshauses im Jahre 1990). Der damalige Wirt Johann Schultheiß stellte am 3. Jan. 1897 einen Teil seines Gartens (100 m²) vertraglich dem Verein zur Obstbaumanzucht zur Verfügung. Die Pflegearbeiten mussten alle Mitglieder (in vier Gruppen aufgeteilt) verrichten.
Viele Jahre lang wurde monatlich eine Versammlung abgehalten. Regelmäßig wurden an Sonntagen Tanzveranstaltungen abgehalten. Es gab strenge Ordnungsregeln und Geldstrafen bei Abwesenheit.
Am 9. Okt. 1898 fand im Schultheiß-Saal die erste Obstausstellung statt mit Bindlacher Obst. Am 16. Okt. 1898 erfolgte der Beitritt zum Oberfränkischen Kreisverband der Obstzüchter. Als Folge wurde der Name “Frohsinn” gestrichen und der Verein “Obstbaumzuchtverein Lehen” genannt.
Im Januar 1900 fand wieder ein Ball statt mit fünfköpfiger Musik für, wozu auch der Gartenbauverein Allersdorf und der Bindlacher Gesangverein „Liederkranz” eingeladen waren.
1902 wurden eine Obstbaumspritze, Rindenschaber und Drahtbürsten zur Baumpflege angeschafft. Im Jahre 1905 entstand im Zuchtgarten auch ein Komposthaufen. Im Herbst 1910 wurde eine Obstmühle mit Obstpresse zur Saftgewinnung angeschafft. Obstwein (Most) wird zubereitet. 1914 ist die Anwendung von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln erwähnt.
Von 1915 bis 1920 sind keine Aufzeichnungen über den 1. Weltkrieg und seinen gefallenen Mitgliedern gemacht worden.
1921 wird von einem ganztägigen Baumschnittkurs in Bindlach durch den Kreisobstmeister mit 35 Mitgliedern berichtet. In einer großen Aktion wurden 1929 in der Flurbezeichnung Weinberg 129 Kirschbäume gepflanzt. Einzelne Altbäume stehen heute noch. Die größte Anlage war der Kirchenberg der Familienbrauerei Schoberth.
Im Frühjahr 1931 erfolgte die Anschaffung einer Pflanzenschutz-Karrenspritze mit 80 Ltr. mit Handbetrieb. 1933 wurde erstmals eine Konservenverschluss-Maschine (Eindos-Maschine) bestellt. Sie wurde bei Hausschlachtungen zur Herstellung von Wurstkonserven bis um 1970 verwendet.
Ab 1934 wurden die Sitzungen und Versammlungen mit vorgeschriebenen Parolen und dem Deutschlandlied beendet. Es erfolgte die Auflösung oder Gleichschaltung aller Vereine während der unglückseligen NS-Zeit und dem 2. Weltkrieg.
Ab April 1936 wurde der Vereinsvorsitzende von der NSDAP-Partei bestimmt. Es gab keine freien Wahlen mehr. Die weiteren Führungsleute und Beiräte bestimmte der Vereinsvorstand mit Genehmigung des Ortsbauernführers. Alle Vereine wurden einheitlich in Gartenbauverein umbenannt und gleichgeschaltet. Während des Krieges 1939–1945 wird über keine Vereinsaktivitäten berichtet. Aufzeichnungen über gefallene Mitglieder existieren nicht. Am 3. März 1946 wurde erstmals wieder eine neue Vorstandschaft gewählt (keine ehemaligen Parteimitglieder).
Nach der Währungsreform 1948 betrug Beitrag von 50 Pf./Jahr. Es gab wieder Weißblechdosen für die Wurstkonserven, sowie Schädlingsbekämpfungsmittel für den Obst- und Gemüseanbau.
Im Herbst 1950 begann der Neubau eines Gerätehauses für die Saft-Kelterei am Furtbach neben Raiffeisenkasse. Hierzu wurden von den Mitgliedern Anteilscheine gezeichnet. Nach der Fertigstellung des Obstpresshäuschens 1953 fungierte als Keltermeister Konrad Kühlein. Wegen guter Auslastung erweiterte man 1955 das Keltereihäuschen mit neuen Maschinen. 1960 verarbeiteten die Vereinsmitglieder 786 Zentner Obst!! Im Jahre 1962 gab es erstmals große Probleme mit der Mosterei, als der bewährte Keltermeister erkrankte. Zunächst konnte jeder selber pressen, was sich aber nicht bewährte. Lohnmostereien gewannen an Bedeutung. Nach der Stilllegung der Obstpresse verkaufte man 1965 die Keltereimaschinen. Das Presshäuschen wurde vermietet, bis es 1972 an die Gemeinde Bindlach erwarb.
Der Verein organisiert von 1964 bis heute gesellige Ausflüge und Fachexcursionen für seine Mitglieder. In den 70- und 80-iger Jahren fanden dann auch viele vom damaligen Vorsitzenden Georg Horn gut organisierte mehrtägige Vereinsausflüge statt. Auch mit dem Obstlerfasching, den Gartenfesten und Wandertagen wurde das gesellige Leben in Bindlach bereichert.
Ab 1980 wurden viele vereinseigene Geräte (z. B. Vertikutierer, Gartenhäcksler, Bodenfräse, Motorspritzen) angeschafft. Nicht alle Geräte haben sich in der Gemeinschaft bewährt. Bis heute steht ein umfangreicher Gerätepark zur Verfügung, der auch regelmäßig modernisiert wird.
Tagesfahrten zu Gartenschauen fanden regelmäßig statt. Interessante Ausflugsziele mit gartenbaulichen Inhalten sind bis heute im Jahresprogramm. Die im Bindlacher Steigsaal abgehaltenen Vereinsabende und Jahreshauptversammlungen erfreuen sich großer Beliebtheit.
1993 wurde erstmals der Bindlacher Rathausbrunnen als Osterbrunnen geschmückt. Nach kurzer Vorbereitungszeit fertigte man die Bindegestelle, malte viele hunderte Eier an und hat erstmals Girlanden gebunden. lm Bauhof der Gemeinde Bindlach finden die handwerklich aufwändigen Bindearbeiten statt, wofür wir sehr dankbar sind. Der Brunnen erhielt eine Krone mit seitlichen Girlanden-Bögen und vielen hundert bemalten Ostereiern und von der Vereinskindergruppe gestalteten Eierbuschen. Viele interessierte Bindlacher und auswärtige Gäste sprechen bis heute ihre Bewunderung darüber aus.
Am 17. 6. 1995 feierte man 100-jährigen Vereinsjubiläum in einem großen Festzelt erstmals an der Bärenhalle. Zur Erinnerung an das 100-jährige Bestehen wurde am neuen Festplatz an der Bärenhalle eine Linde gepflanzt. Die 125-Jahr-Feier in 2021 fiel leider den Corona-Beschränkungen zum Opfer.
Seit 2004 wird der Verein von den neuen Vorsitzenden geführt (1. Vorstand Reinhold Böhner und als Stellvertreter Reinhold Brunner und Helmut Küfner, verstorben am 2017). Zeitgemäße gärtnerische Fortbildungsangebote stehen neben den geselligen Angeboten im Vordergrund der Vereinsziele. Seither ist der Verein von 190 auf 260 Mitglieder angewachsen. Vor allem auch interessierte Bindlacher Neubürger und Familien mit Kindern kommen immer wieder hinzu.
Von 2002 bis 2018 fand jeweils Mitte September das Kürbisfest am Bindlacher Kirchplatz statt. Kürbisse in vielen Variationen, Kürbisspezialtäten, Kaffee, Kuchen und herzhafte Speisen zogen viele Besucher zu diesem Herbstfest an. Das Bindlacher Kirchplatz-Ensemble ist hierfür ideal. Die Corona-Pandemie von 2019 bis 2022 führte zu einer Einschränkung vieler Vereinsaktivitäten.
Ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit ist die Kinder- und Jugendarbeit. 2008 gründete man die Kindergruppe „ Erd-Bären“ und seit 2013 gibt es für Kinder ab 4 Jahren „ Him-Bären“ unter der Leitung engagierter Mütter (Kathrin Dörfler, Marianne Schwiers, Anne Peterhof, Natacha Otti, Birgit Elitzer-Böhner)

Der OGV Bindlach bewirtschaftet seit 2010 einen gepachteten Vereinsgarten mit einem alten Obstbaumbestand (angelegt 1943 von der Familie Keyla, heute im Besitz der Familie Leicht) am Bindlacher Leimenberg und einem 2004 angelegten Weinberg mit ca. 100 Rebstöcken. Dort findet auch jedes Jahr im Sommer ein gut besuchter Gottesdienst im Grünen und viele fachliche und gesellige Vereinsveranstaltungen statt.

Anstehende Gartenarbeiten werden von den Mitgliedern einmal von April bis Oktober erledigt, viele gärtnerische Fragen diskutiert und Geselligkeit gepflegt. Eine hübsche Gartenhütte und ein renovierter Bauwagen stehen für Zusammenkünfte die Kindergruppen, für tätige Mitglieder, für Werkzeuge und den Gerätschaften zur Verfügung. Ein großer Schwerpunkt ist die Ernte und Verwertung des anfallenden Obstes. Der Großteil der Obsternte wird zu Saft in benachbarten Keltereien verarbeitet und an die Mitglieder wieder abgegeben.


In den 3 Jahren der Corona-Pandemie von 2019 bis 2022 waren die Vereinsaktivitäten stark eingeschränkt und auch mit einem gewissen Mitgliederschwund verbunden. Durch interessante und zeitgemäße Aktivitäten, vor allem im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, versucht die Vereinsführung für Bindlacher Bürger auch in Zukunft attraktiv zu bleiben.
Reinhold Böhner, 1. Vorsitzender